EINZELAUSSTELLUNGEN
1975 "Aquarelle, Collagen, Grafik" / kleine galerie pankow
1976 Karl-Marx-Stadt (Aquarelle, Zeichnungen, Malerei, Klebebilder)
1978 Karl-Marx-Stadt, Klub der Intelligenz „Pablo Neruda“ (Aquarelle, Pastell, Mischtechnik)
1978 Rostock, Kunsthalle Rostock
1981 Leipzig, Galerie am Sachsenplatz (Malerei, Zeichnungen, Aquarelle, Fotogramme, Collagen, Temperablätter)
1987 Brno, Dům umění města Brna (Haus der Künste); (Fotogramme und Zeichnungen)
1997 Chemnitz, Neue Sächsische Galerie ("Die großen Alten II"; mit Wilhelm Rudolph, Hermann Glöckner und Rudi Gruner)
1997 Schwarzenberg, Museum Schloss Schwarzenberg („Rudolf Weber, Otto Müller-Eibenstock, Max Eismann - Konstruktivismus in Sachsen“)
1998 "Landschaft als komposition" Stickereimuseum Eibenstock
2002 Museum Apolda / Kunstsammlung Kallnbach. Kuno Kallnbach präsentiert OME
2018 Eibenstock, Kunsthof
2018 Galerie Kunstförderverein falkart e.V. Sparkasse Vogtland / Falkenstein
Bilder und Flyer: Privatbesitz
18.04.2002 Museum Apolda / Kunstsammlung Kallnbach. Kuno Kallnbach präsentiert OME
Bild: Kuno Kallnbach in der Ausstellung / Text: Apoldaer Amtsblatt 07/02 Seite 7
Plakat: GALERIE BARTHEL + TETZNER GmbH / https://www.barthel-tetzner.de/events/
Diese Bilder sind im Besitz der Stiftung „Zu Hause am Auersberg“ Eibenstock. Wir danken der Familie Schreier - Kunsthof Eibenstock - für die freundliche Bereitstellung und Unterstützung.
Diese Abbildungen stammen aus dem Ausstellungskatalog „Konstruktivismus in Sachsen“ mit freundlicher Genehmigung von Brigitta Milde - Leiterin Carlfriedrich Claus Archiv, Kunstsammlungen Chemnitz Erschienen 1997 Museum Schloss Schwarzenberg in Zusammenarbeit mit dem Annaberger Kunst- und Kulturverein e.V.
sowie:
Katalog anläßlich der Ausstellung Generation im Schatten vom 5. Dezember 2018 bis 24. Februar 2019 in der Neuen Sächsischen Galerie Chemnitz
© Textrechte bei Alexander Stoll.
© Neue Sächsische Galerie Chemnitz 2018
Wir haben uns bemüht alle Rechteinhaber ausfindig zu machen. Sollten trotz sorgfältiger Nachforschungen berechtigte Ansprüche weiterer Rechteinhaber bestehen, wird um Kontaktaufnahme gebeten.
"...Ich bin gar nicht einer, an dem das Zeitgeschehen spurlos vorübergegangen ist... Ich bin schwer verwundet nach Hause gekommen, habe viele Freunde ...verloren und mein einziges Kind...
In welches Verhältnis soll nun die Kunst dazu gebracht werden. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder man entscheidet sich für "L'art pour Part", oder dafür, die Kunst auf eine breitere Basis zu bringen... Mir ist klar, dass man nicht, wie allgemein verlangt wird, den Menschen... für die Kunst interessieren kann, indem man ihm immer wieder sein soziales Elend, die Trümmer und all das Häßliche, Bedrückende, durch "Kunst" vor Augen führt. Das kann man als abschrek-kendes Beispiel gegen den Krieg tun; und es werden sich bestimmt große Künstler finden, die gute Plakate schaffen. ...
Meiner Überzeugung nach hat... der Künstler sogar die Pflicht, in Ausstellungen dem Menschen Bilder zu zeigen, durch die er mit neuem Lebensmut nach Hause geht. Deshalb braucht ein Künstler noch lange nicht sein Werk dem Niveau des Volksgeschmackes anzupassen, im Gegenteil, er kann, wenn er stark genug ist, dem durch sein Elend abgestumpften Menschen den Weg zur Kunst zeigen und ihn wieder für etwas Ideales interessieren. ... dann ist das, was man an meiner Arbeit vielleicht als "harmlos" bezeichnet, gerade das Notwendigste, was den heutigen Menschen durch die Kunst vermittelt werden kann." (Otto Müller-Eibenstock 1948 an William Wauer)
1933 Geboren in Leuna an der Saale, Vater: Tischlermeister / 1950 Tischlergesellenbrief in Annaberg, Erzgebirge / 1953 Abitur in Aue, Erzgebirge / 1959 Diplom als Architekt in Stuttgart / 1962 Freier Architekt. Wohnungs- und Industriebau / 1969 Ausstellung in der Studiengalerie bei Max Bense, Stuttgart, mit Katalog. Gezeigt wird u.a. "Distribution von Farbsequenzen im Rösselsprung", "Skulptur aus zwei Teilen eines Quaders" / 1973 Freundschaft mit Otto Müller-Eibenstock (1898-1986) Aufbau einer Dokumentation seiner Bilder, seiner Theorie, seines Lebens. / 1974 Studium der Berufspädagogik / 1985 Ausstellung "Bild und Superbild" in Sindelfingen, mit Katalog. Das neue bildnerische Problem der Superisation ist von der Ästhetik des Max Bense hergeleitet / 2003 Ausstellung des Gesamtwerkes im Museum Apolda, Thüringen
Foto: Karl Herrmann: Künstler – Kunsthistoriker - Architekt (zur Vernissage am 19.10.2018 in Falkenstein)
Einführung in die Ausstellung am 19.10.2018 in Falkenstein
Es gibt bei Müller-Eibenstock einen einzigartigen theoretischen Zugang zu seinem Werk. Das ist der über das Verzeichnis, das er von seinen Kompositionen angefertigt hat. - Er hat von 1926 an, damals war er 28 Jahre alt, bis zu seinem 80sten Lebensjahr seine Werke in drei Heften notiert - Er hat etwa 400 Werke registriert, nach Datum, Größe und Ausstellungen. Dazu hat er 260 Kompositionen, die den Werken zugrunde liegen, nachgezeichnet.
Wie mir der Kunsthistoriker, Kurt Leonhard, (1910-2005) sagte, dürfte diese Menge eigener Zeichnungen eines Künstlers von seinem Werk einmalig in der Kunstgeschichte sein!
Das Verzeichnis ist unvollständig. Es gibt also Werke, die er nicht verzeichnet hat. Und sein gewaltiges Werk an Textilentwürfen ist darin auch nicht enthalten. - Die 260 Zeichnungen habe ich mit Kommentaren und Aufsätzen versehen im Jahr 2000 unter dem Titel „Otto Müller-Eibenstock, Sein Verzeichnis seiner Kompositionen" veröffentlicht.
Seine wichtigsten Bezeichnungen für Werkgruppen sind „R" für realistisch und „A" für Abstrakt. Dem entspricht seine persönliche, an Kant ausgerichtete, für den bewusst gestaltenden Künstler ausgebildete Erkenntnistheorie. - Nach seiner Theorie verdichtet sich für den Maler jedes Erlebnis in eine Bildidee. Eine solche kann eine realistische, eine psychische, oder eine geistige sein. Aus letzterer entsteht seine mit „A" bezeichnete abstrakte Malerei.
In seiner Klassifizierung gibt es noch realistische Werke, in denen Merkmale abstrakter Gestaltung überwiegen. Diesen gab er die Bezeichnung „RA" also „realistisch-abstrakt". - Solche hat er vor allem nach 1945 gemalt. - Ober die Frage, ob es nicht ein Rückschritt sei, nach der abstrakten Malerei wieder realistisch zu malen, hat Müller-Eibenstock brieflich mit Künstlerfreunden, zum Beispiel William Wauer diskutiert
Wauer hat 1948 in Berlin-Tempelhof für ihn die „Gesamtschau", „Mein Weg" organisiert, dabei stellte Müller-Eibenstock die abstrakten Werke der 20iger und 30iger Jahre neben den realistisch-abstrakten der 40iger Jahre aus. - Für Müller Eibenstock war das kein Abweichen von den hohen Ansprüchen der abstrakten Malerei. Er begründete seine scheinbare Rückkehr zur realistischen Malerei aus der Verantwortung des Künstlers in der Nachkriegszeit. So schrieb er in einem Brief: „Um das Interesse an dem Kunstwerk bei der Allgemeinheit erst einmal zu erwecken, muss man in Ausstellungen Bilder zeigen, die dieser ihr eigenes Elend, die Trümmer und all das Hässliche und Bedrückende, das doch seit Jahren auf jedem Einzelnen lastet, erst einmal vergessen lassen und den Sinn für etwas Besseres, Höheres wecken".
Es entstanden dabei zahlreiche Bilder seiner erzgebirgischen Heimat. Dazu sagte er: „Das Vogtland ist grün, das Erzgebirge blau, wer das nicht sieht, ist kein Künstler" - Eine Landschaft hat also ihre Farbe, aber auch ihren Rhythmus. So galt für ihn: „Das Erzgebirge, das ist die Diagonale". Dieser an der abstrakten Malerei gereifte Künstler gab sich nicht mit der Erscheinung eines zufälligen Bildausschnittes zufrieden. Jedes Bild, das er im Erzgebirge malte, sollte das Wesen dieser blau-diagonalen Landschaft zeigen.
Damit kommen wir in denkenswerter Weise bei diesem Künstler der abstrakten Malerei auf den Begriff „Heimat" in der Kunst. Über dieses Thema habe ich in der Literatur keine Theorie gefunden, ich nehme das als Anlass, hier einen theoretischen Ansatz zu suchen. Dafür werde ich provokativ den Begriff „Heimatkunst" verwenden, wohl wissend, dass er durch Heimatkitsch diskreditiert ist.
Der Begriff Heimat soll, bezogen auf Heimatmalerei, als bildliche Vorstellung gekennzeichnet sein. So hat der Bewohner einer bestimmten Landschaft, sagen wir mal des Erzgebirges eine durch zahllose Erlebnisse sicher vorhandene, aber nicht näher bestimmbare bildliche Vorstellung, die im Gemüt so tief verankert ist, dass sie, wenn der gedachte Bewohner in der Ferne weilt, zum Inhalt einer Sehnsucht wird, die wir „Heimweh" nennen.
Nun ist aber die Unbestimmtheit für den menschlichen Geist ein Zustand, aus dem er erlöst werden will. Da sind es Künstler, die durch einprägsame Bilder eine bildliche Vorstellung schaffen können, die den Geist aus der Unbestimmtheit erlöst.
Zum einen kann ein Künstler in verschiedenen,immer wieder überraschenden, subjektiven Ansichten, so wie Hokusai (1760-1849) es mit den 36 Ansichten des Fuij-jama tat, den ewig gleichen heiligen Berg in immer anderer dramatischer Situation abbilden. Der Betrachter hat dann wie bei einem Ricercare in der Musik die Freude, ihn immer wieder zu erkennen.
Ein Künstler kann aber auch, wie Müller-Eibenstock es tat, der Vorstellung vom Erzgebirge, in seinen Bildern eine prägnante, über den Tag gültige idealtypische Gestalt verleihen. Die Vorstellung vom Erzgebirge, wird durch das Blau der Wälder, die Diagonalen in den Kompositionen genau bestimmbar. Die genau bestimmbare Gestaltung wird dann in dem Gemüt des heimatverbunden Betrachters so gewiss, wie eine platonische Idee.
Dabei gibt es, wenn es sich wirklich um ein Kunstwerk handelt, noch ein Problem, auf das mich Paul Reich (1925-2009) hingewiesen hat: Es ist entgegen landläufiger Meinung schwieriger, die Schönheit eines realistischen Bildes zu erkennen, als die eines abstrakten - Die Freude, eine Gegend in Bild wieder zu erkennen, kann uns daran hindern, aus der Vereinigung von Abbildung und rhythmischer Durcharbeitung die abstrakte Komposition aufzuspüren und uns an ihr zu erfreuen.
In den Bildern von Müller-Eibenstock wirkt die Verwandlungskraft seiner Komposition so stark, dass die Harmonie seiner Gestaltung fast jeden Betrachter über die Abbildung hinaus weiter in eine abstrakte Ordnung führt. - Und damit geht der Betrachter nach Müller-Eibenstocks Erkenntnistheorie von einer realen Idee über in eine geistige. Damit ist sein Ziel erreicht, dem Betrachter „den Sinn für etwas Besseres, Höheres zu wecken.
Texte aus dem Katalog Otto Müller-Eibenstock Kunsthalle Rostock 1978
(Herausgeber: Kunsthalle Rostock 1978 / Gesamtherstellung Ostsee-Druck Rostock, BT Wismar II 20 8 CG 1 9 78)
Seit der Eröffnung des Dessauer Bauhausmuseums sind die vielfältigen Strömungen der Kunst der 20er Jahre erneut in das Blickfeld der Kunstkritik und auch der Ausstellungstätigkeit der Museen getreten, und damit verständlicherweise besonders jene Künstler, die in den 20er Jahren schon künstlerisch tätig waren und in ihren Auffassungen weitgehend von dieser Zeit geprägt wurden. Zu ihnen gehört der im Erzgebirge beheimatete Otto Müller-Eibenstock, der nun nach den Ausstellungen in Berlin und Karl-Marx-Stadt in der Kunsthalle Rostock Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle, Collagen und Fötogramme von den 20er Jahren bis in die unmittelbare Gegenwart ausstellt.
Sie ermöglichen einen sehr interessanten Rückblick über eine mehr als fünfzigjährige Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit aus der Sicht eines Künstlers, der unter dem Einfluß der Abstrakten seinen künstlerischen Weg begann und dann zu einer realistischen Auffassung gelangte, die der neuen Sachlichkeit nahesteht.
Otto Müller-Eibenstock ist also ein Realist und als solcher ein begeisterter Schilderer seiner erzgebirgischen Heimat, die er wie kaum ein anderer in ihrem inneren Wesen erkennt und in ablesbaren Bildern gestaltet. Zugleich ist er ein Konstruktivist, der sich mit abstrakten, nonfigurativen Form- und Farbproblemen beschäftigt. Manchem Besucher wird das als ein Paradoxon erscheinen, als ein nicht überbrückbarer Widerspruch im Werk eines Mannes, weil abbildhaftes und abstraktes einander auszuschließen scheinen. Aber das ist sicher falsch, zumal es sich hier um eine Entwicklung handelt, die viele Parallelen aufweist und auch um eine häufig zu beobachtende Tendenz der allmählichen Abstrahierung eines gegebenen Naturvorbildes. Aber nicht immer ist die Abstraktion aus der Abstrahierung hervorgegangen. Gerade in den frühen Jahren verzichtet er völlig auf den naturalistischen Ausgangspunkt und gestaltet mit frei erfundenen geometrischen Grundelementen flächige oder räumliche Formvorstellungen, die anderen als literarischen Erwägungen folgen.
In den Ausstellungsrezensionen der letzten Jahre wurde besonders auf die Nähe der Arbeiten Müller-Eibenstocks zu den Auffassungen der in der internationalen Vereinigung der „Abstrakten" zusammengeschlossenen Künstler des Futurismus, Kubismus und des Konstruktivismus und auf seine Freundschaft mit Herwarth Waiden, William Wauer und Kurt Schwitters hingewiesen. Der Künstler selbst betonte, daß sein Anschluß an die avantgardistische Künstlergruppe „Der Sturm" und anschließend an „Die Abstrakten" als ein Protest gegen die Leere des bürgerlichen Kunstbetriebes und gegen den oberflächlichen Kitsch aufgefaßt werden müsse, der ihn auch in die Nähe solch bekannter gesellschaftskritischer Künstler wie Oscar Nerlinger geführt habe. Der Künstler kam 1920 in einer äußerst interessanten Zeit nach Berlin, als durch El Lissitzky die Ideen von Kasimir Malewitsch auf einen vorbereiteten Boden bei den Berliner „Sturm" — Anhängern fielen. 1922 fand in Berlin die erste konstruktivistische Ausstellung statt, wurde in Düsseldorf der „Internationale Kongreß für fortschrittliche Kunst" durchgeführt und die „Konstruktivistische Internationale" gegründet. Dann wurden Weimar und das Bauhaus sehr wichtig. Hier fand ebenfalls ein Kongreß der Konstruktivisten statt, an dem Kurt Schwitters teilnahm; durch ihn lernte Otto Müller-Eibenstock Läszlö Moholy-Nagy und El Lissitzky kennen, die aber kurze Zeit später an das Bauhaus nach Weimar gingen, jedoch den jungen und noch auf der Suche befindlichen Kollegen außerordentlich stark beeinflußten. Die enge Berührung mit den Künstlern, die nach einer Synthese der bildenden und angewandten Kunst suchten, stießen auf das lebhafteste Interesse von Müller-Eibenstock, weil er ja als Textilgestalter aus der angewandten Kunst kam, von 1911—1913 den Beruf eines Zeichners für Textilentwurf erlernt und anschließend bis 1918 an der Kunstschule Plauen Textilgestaltung und Malerei studiert hatte. Schließlich hatte er nach dem Militärdienst noch bei Professor Forkel an der gleichen Kunstschule assistiert, bevor er nach Berlin ging. Hier nun führte ihn sein Weg zur Malerei und damit verständlicherweise zu jenen Künstlern, die ihm neue, künstlerische Wege zu gehen schienen und ihn aus dem engen Korsett der kunstgewerblichen Ornamentik herausführten, obwohl nicht übersehen werden soll, wie sehr die angewandten Künste, besonders die Gebrauchsgrafik, mit den neuen konstruktivistischen Auffassungen konform gingen und Kurt Schwitters, Willi Baumeister u.a. 1927 den „Ring neuer Werbegestalter" gründeten.
Nicht uninteressant ist wohl auch die Tatsache, daß viele der avantgardistischen Künstler, wie die sowjetischen Künstler Malewitsch, Tatlin und Rodschenko, Sozialisten waren und ihre neue Kunstauffassung, die der bürgerlichen Ikonographie völlig entgegengesetzt war, als eine der sozialistischen Gesellschaft adäquate Kunstäußerung betrachteten. Auch das hat Müller-Eibenstock mit überzeugt, sich ihren Auffassungen anzuschließen. Seine geometrischen Konstruktionen, die Geraden und Schrägen, Kreise und Kreissegmente, Dreiecke und Linienschraffuren, räumlich-architektonisch oder irrational-schwebend aufgebauten Formen, sollen nicht Abbild sein und keine Naturform ersetzen; er will mit ihrer Hilfe zu eigenständigen Formulierungen der Schönheit der Welt vordringen und wie in der Welt der Musik durch Klänge und Töne hier durch das Zueinander von Linien und Flächen, von einfachen und komplizierten Elementen einprägsame Kompositionen einer eigenen Schönheit schaffen. Durch Moholy-Nagy, der in den berühmten Bauhausbüchern über Malerei, Fotografie und Film geschrieben hatte, wurde er auch auf die Fotografie als ein wichtiges technisches Medium hingewiesen. Einige dieser ungewöhnlichen Fotogramme sind hier ausgestellt. Sie bilden jedoch nur eine verhältnismäßig kurze Periode in seinem Schaffen, weil er doch der Farbe als wesentliches Ausdrucksmittel nicht entsagen wollte. Ab 1932 nähert er sich wieder stärker dem materiellen Gegenstand, wie überhaupt viele Künstler, vielleicht im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise wieder zu einer im wesentlichen realistischen Haltung fanden. 1933 zieht sich der Künstler vor den Nazis aus Berlin zurück und geht wieder in die Bergwelt des Erzgebirges. Hier sucht er durch die Übernahme von Aufträgen für die Textilindustrie — damit zu seinem Ausgangspunkt zurückkehrend — fernab der ideologischen Auseinandersetzung, seine Synthese zwischen der freien und angewandten Kunst durchzusetzen, was ihm wirklich in seinen hervorragenden Stoffmustern gelingt. Erst nach 1945 beteiligt er sich wieder an Kunstausstellungen. Die Arbeiten dieser neuen Periode zeichnen sich durch eine sehlichte naturverbundene Sprache aus, aber auch dadurch, daß er die einmal erlernten und begriffenen Möglichkeiten der Bildabstraktion voll ausnutzt. Heute noch sind in seinem Atelier in Eibenstock die Studien zu seinen Arbeiten zu sehen, die seinen Weg von der Naturstudie zur Abstraktion über viele Zwischenstadien erkennen lassen. Mit überzeugender Eindringlichkeit und großem pädagogischen Talent erläutert er seinen Besuchern Absichten und Ziele seiner künstlerischen Arbeit. So ist es nicht verwunderlich zu hören, daß Otto Müller-Eibenstock noch im hohen Alter an die Fachschule für angewandte Kunst in Schneeberg berufen wurde, wo er weit über die Altersgrenze hinaus sein außerordentliches handwerkliches Können, die Vielseitigkeit seiner künstlerischen Ausdrucksweisen in der angewandten, wie in der freien Kunst den Studenten der Fachschule als Vertretern einer heute schon wirksamen jungen Künstlergeneration weitergeben konnte. In einer unendlichen Fülle von Entwürfen für die Textilindustrie der DDR und in seinen Gemälden und Aquarellen, die seine Heimat besingen, in seinen Klebebildern und Abstraktionen ist ein Werk lebendig, das nun in seiner Gesamtheit seinen Platz in der sozialistischen Kunst der DDR eingenommen hat. (Horst Zimmermann)
„... Neben ingenieurhaft-exakten Kompositionen, die von dem Sinn des Künstlers für Klarheit, Strenge und Sachlichkeit künden, finden sich schwärmerische, traumhafte Abstraktionen von weicher, arabeskenhafter, gleichsam fließender Gestalt, die seine meditative Erlebnisfähigkeit widerspiegeln. Was auch immer Otto Müller-Eibenstock in seinen Arbeiten zu repräsentieren anstrebte, Rationales oder Irrationales, Statisches oder Dynamisches, Begrenztes oder Unbegrenztes — die Ergebnisse zeugen von empfindsamer bildnerischer Intelligenz und von der hohen Qualität der künstlerischen Formulierung. Viele Arbeiten des fast siebenundsiebzigjährigen Künstlers — besonders auch jene aus den zwanziger Jahren — kommen unserem modernen ästhetischen Empfinden entgegen, das ja nicht zuletzt auch geprägt wird durch die heutigen Formen der Architektur, des Möbelbaus, der Industrieformgestaltung, der Typografie und Gebrauchsgrafik, die ihrerseits der abstrakten Kunst wichtige Impulse verdanken . . ."
Dr. Hans Liebau (aus dem Katalog der Kleinen Galerie Pankow vom 16. Mai bis 14. Juni 1975)
Katalog zur Ausstellung im Kunsthaus Brno von 27. JANUAR - 1. MÄRZ 1987
Otto Müller-Eibenstock starb am 07.11.1986 wärend der Vorbereitung zu dieser Ausstellung.
Wir danken Frau Petra Aichlerova / Ausstellungsproduktion und Redaktion / Haus der Künste Brünn für die freundliche Unterstützung und Bereitstellung dieser seltenen Dokumente.
Za laskavou podporu a poskytnutí těchto vzácných dokumentů děkujeme paní Petře Aichlerové / produkce a úprava výstavy / Dům umění Brno.
Übersetzung der Texte im Katalog (PDF) unten