Walter Thomas

  • 15.01.1906 in Ebersbach/Sachsen als Sohn eines Eisenbahnarbeiters geboren
  • Besuch der Volksschule
  • Besuch des Lehrerseminars in Löbau / Wahlfachrichtung Zeichnen und Musik
  • 1930 - 1935  Techn. Hochschule der Kunstakademie Dresden / Abschluss Höheres Lehramt, Prüfungen in Zeichnen, Kunstgeschichte und Erdkunde
  • 1936 Aushilfslehrer in Dittmannsdorf bei Sayda im Erzgebirge
  • 1937 Studienassessor an der Städtischen Oberschule für Jungen in Falkenstein
  • 1940 - 1945 Kriegsdienst
  • 1946 Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft / beginnt freischaffend zu arbeiten
  • 1947 3 Semester an der Hochschule für Baukunst und Bildende Kunst Weimar unter Otto Herbig
  • Mitglied des VBK der DDR / Arbeitsgebietsleiter  Klingenthal und Auerbach / Leiter des Mal- und Zeichenzirkel FALGARD / Kurse Volkshochschule Auerbach
  • 1956 nimmt wieder seinen Dienst als Lehrer an seiner Schule in Falkenstein (später: 2. POS Falkenstein) auf
  • Mitglied des VBK der DDR / Arbeitsgebietsleiter  Klingenthal und Auerbach / Leiter des Mal- und Zeichenzirkel FALGARD / Kurse Volkshochschule Auerbach / Leitung AG „Bildende Künste“
  • Zusammenarbeit bei künstl. Projekten mit Johannes Wagner
  • agierte (als Dolmetscher) mit im Pionierlager „Ernst Thälmann“ bei Berlin
  • er verstarb am 14.01.1977 in Auerbach/Vogtland und hinterließ dem Museum in Falkenstein 36 Bilder und zahlreiche Skizzen
  • der Kunstförderverein falkart e.V. sichtet das 627 Werke umfassende Œuvre des Künstlers und erstellt 2021 ein Werkverzeichnis

Maschinist / Kohlezeichnung

Es genügt bei der künstlerischen Darstellung nicht nur ein äußeres „Festhalten" oder „Abzeichnen" oder „Abmalen"; das wäre zu wenig. Kunst ist nicht nur das äußerliche Erfassen des Porträthaften, das Abschreiben des äußerlich Sichtbaren, des optisch Registrierbaren; sondern der schaffende Künstler will tiefer eindringen, er will das Wesen der Dinge herausschälen. In diesem Falle interessierte mich das Psychologische, nämlich das „Spannen" und „Beobachten" der Maschine. Damit sind wir am unmittelbaren Erfassen der Wirklichkeit. Ich habe absichtlich den Kopf stärker durchgeführt und alles andere in lockeren Formen gelassen, damit auch der Betrachter sofort auf das Wesentliche - Augenstellung und Gesichtszüge -gelenkt wird. (Walter Thomas, Faikenstein)


In dieser kleinen Werkschau „Anatomie Mensch“ in den Geschäftsräumen der ECOVIS Steuerberatungsgesellschaft in Falkenstein (Hotel Falkenstein) werden erstmals Akt-Studien des Falkensteiner Malers und Grafikers Walter Thomas gezeigt (März-Nov. 2018).



 

Laudatio zur Ausstellung (Wolfgang Blechschmidt am 02.03.2018)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kunstfreunde,

 

in dieser kleinen Werkschau „Anatomie Mensch“ hier in den Geschäftsräumen der ECOVIS Steuerberatungsgesellschaft in Falkenstein werden erstmals Zeichnungen des Falkensteiner Malers und Grafikers Walter Thomas gezeigt. Der Kunstförderverein falkart e.V. besitzt eine große Anzahl von Aquarellen und Zeichnungen, insbesondere Aktzeichnungen und Studien des Künstlers.

Wir sind froh, Ihnen heute hier eine kleine Auswahl zeigen zu können.

Die Aktzeichnung und Aktmalerei zählt wohl zu den ältesten und facettenreichsten Genres der bildenden Kunst.

Schon in frühester Zeit wurden Frauenakte geformt, graviert oder gezeichnet. Die Aktmalerei entwickelte sich im Laufe der Geschichte zur eigenständigen Kunstform.

Schon in der Antike war die Aktdarstellungen populär. In der griechische Kunst wurden Akte vor allem auf Vasen und Mosaiken dargestellt.

Im Mittelalter dagegen wurde der Akt nur sehr begrenzt dargestellt. Zu dieser Epoche war die Aktmalerei noch eng mit christlich-religiöser Thematik verknüpft (z.B. Adam und Eva)

Während der Renaissance erfolgte die Darstellung des Akts vorwiegend zu religiösen Zwecken oder widmete sich mythologischen Themen.

Das wohl berühmteste Beispiel religiöser Aktkunst ist das Decken-Fresko von 1511, "Die Erschaffung Adams" von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle in Rom. Für die damalige Zeit eine kleine Revolution. Durch die Darstellung von Geschlechtsteilen stieß das Gemälde seinerzeit auf Ablehnung. Kurz vor Michelangelos Tod 1564 wurde sogar ein Erlass verabschiedet, der Übermalungen von als unsittlich empfundenen Ausschnitten vorsah. Hiermit beauftragt wurde Daniele Volterra, was diesem den Spottnamen „der Hosenmaler“ eintrug.

Erst bei der letzten ausgiebigen Restaurierung (1980–1994) wurde das Gemälde wieder in seinen Urzustand zurückversetzt. Die Nacktheit der Heiligen konnte jedoch nicht wiederhergestellt werden, da Volterra die entsprechenden Stellen abgeschlagen und auf frischen Putz neu gemalt hatte.

Erst im 19. Jahrhundert verzichtete die Aktmalerei auf die Voraussetzung von religiösen oder mythologischen Gründen und wurde zu einem eigenständigen Ausdrucksmittel.

Nun bestand der Sinn der Aktmalerei darin, Körper, Gefühl, Haltung und Ausdruck des Aktmodells darzustellen. Häufig diente die Aktzeichnung dem Künstlern als Studium von Körper- oder Muskelproportionen. In Deutschland wurde 1662 das Aktzeichnen als Lehrfach an Akademien eingeführt.

Da die meisten Künstler der damaligen Zeit männlichen Geschlechts waren, standen überwiegend Frauen Modell. Vor der Erfindung der Photographie war der Job des Aktmodells Schwerstarbeit. Stundenlang mussten die Damen in bewegungsloser, identischer Position verharren. Extrem anstrengend wurde es, wenn der Aktmaler auf die Anspannung bestimmter Muskelpartien Wert legte.

Anspruchsvolle Aktmalerei verlangt besondere Fähigkeiten des Künstlers. Das Ziel ist es, nicht nur eine leblose Abbildungen der Realität zu erschaffen. Die Aktfotografien dient häufig als Vorlage für die Aktmalerei. Einige Beispiele dafür sind Werke von Gerhard Richter , Helmut Newton oder Man Ray

Walter Thomas am 15.01.1906 in Ebersbach/Sachsen geboren war nach Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft ab 1946 Lehrer an der 2. Oberschule in Falkenstein, übernahm die Leitung AG „Bildende Künste“ und war Mitglied des Verbandes der „Bildenden Künstler der DDR“.

Immer wieder beschäftigte sich Walter Thomas mit der Anatomie des Menschen. Aktzeichnen ist für ihn figürliches Naturstudium, um die Proportionen und die Anatomie der menschlichen Gestalt kennenzulernen und künstlerisch umzusetzen. Dabei werden Teile des Körpers in ihrem Aufbau, ihrer Funktion und ihrer Plastik betrachtet und dem Ganzen, der Komposition untergeordnet.

Die Begrenzung auf einfache Mittel wir Bleistift, Tusche oder Kohlestift und vereinfachten Formen erleichtert das Verständnis funktioneller Vorgänge des Knochengerüsts und zum Verhalten der Muskulatur. Da jeder Mensch anders ist, gibt es keine starren Größenverhältnisse, doch ist die Kenntnis einer idealen, harmonischen Proportionslehre anfangs sehr dienlich. Bereits in der Antike drückte man Harmonie in Zahlenverhältnissen aus, basierend auf den von PYTHAGORAS aufgestellten musikalischen Intervallen. Auch die geometrischen Figuren Quadrat, Dreieck und Kreis galten als „schön“. Der menschliche Körper ist ebenfalls in seinen geometrisch-mathematischen Verhältnissen Ausdruck vollkommener Harmonie. Verschiedene Künstler versuchten, die menschliche Anatomie in Maßverhältnissen, einer „Proportionslehre“, festzulegen. LEONARDO DA VINCI setzte den menschlichen Körper in Bezug zu den Idealfiguren Kreis und Quadrat, er fertigte zu anderen Figuren Proportionsstudien an und ALBRECHT DÜRER verfasste die „Vier Bücher von menschlicher Proportion“. MICHELANGELO lehnte eine solche Proportionslehre ab, der Mensch lasse sich nicht in ein festes Maß pressen. Es gibt also keine verbindliche Regel. Auch DA VINCI kamen während seiner Studien ebenfalls Zweifel, ob eine derartige Mathematisierung die Lösung des Schönheitsproblems bringen würde und rückte die natürliche Verschiedenheit in seinen Studienmittelpunkt:

Er revidiert sich und kommt zu dem Schluss: „Wer diese Verschiedenheit nicht berücksichtigt, der macht seine Gestalten immer nach der Schablone, als ob sie alle Geschwister seien, und das verdient strengen Tadel.“

Walter Thomas studiert mit dem Stift die Anatomie seines Modells. Es geht ihm nicht um die Schönheit oder Erotik des weiblichen Körpers oder um große Kunst zu schaffen. Er verwendet einfaches Skizzenpapier und er arbeitet schnell. Ein Modell kann in einer Bewegungsposition nicht lange verharren. Rasch nacheinander folgende Haltungen lebhafter Gebärden werden häufig auf einem Blatt vereint. Die gesamte Figur ist bei ihm stets im Mittelpunkt. Details sind eher selten. Sicher auch dem Modell geschuldet. Wie gesagt, für die Modelle war es sehr anstrengend und für den Künstler nicht billig. Eine Stunde Modell-sitzend oder liegend 10,- , Stehen 20,- DDR-Mark - viel Geld für damalige Verhältnisse. Heute liegen die Preise zwischen 12 – 50,- €uro pro Stunde.

Walter Thomas hat uns ein großes Erbe an Kunstwerken hinterlassen. Nicht zuletzt zählen dazu seine zahlreichen Aktstudien und Aquarelle. Er verstarb am 14. Januar 1977.

Der Akt in der Kunst hat bis heute nichts an Brisanz und Aktualität verloren und auf Künstler aller Gattungen stets eine große Anziehungskraft ausgeübt. Immer wieder gelingt es Kunstschaffenden, den menschlichen Körper in neuer Sichtweise darzustellen. Bis heute loten Kunstschaffende die Grenzen des moralisch und ästhetisch Erlaubten aus und schaffen Kunstwerke, die anfänglich nicht selten auf Ablehnung stoßen.

Die MeToo-Debatte zeigt uns, wie wichtig der respekt- und würdevolle Umgang zwischen Künstler und Modell - zwischen Mann und Frau - ist.

Wichtig ist aber auch, eine respektvolle Annäherung des Betrachters an ein Genres in der Kunst, welches leider sehr oft missverstanden und in die Schmuddelecke geschoben wird.

Liebe Nadine Gerber, lieber Jan Brumbauer, liebe Kunstfreunde,

im Namen des Kunstfördervereins falkart e.V. möchte ich mich bei Euch und Eurem Team für die unkomplizierte Zusammenarbeit bedanken. Wir wünschen Euch und uns eine erfolgreiche, viel gesehene und noch mehr diskutierte Ausstellung.

Die Ausstellung ist eröffnet!