Laudatio Ausstellungseröffnung zum 100. Geburtstag Johannes Wagner
in der Galerie im Falkensteiner Schloss am 27.02.2015
Wolfgang Blechschmidt
Sehr geehrte Damen und Herren, werte Kunstfreunde, Leihgeber und Gäste
am 9.Dezember letzten Jahres wäre Johannes Wagner 100 Jahre alt geworden. Wir ehren heute mit dieser Ausstellung einen Künstler, der wie kein ein Anderer seine Heimatstadt Falkenstein, sein Vogtland liebte und in all seinen Fassetten künstlerisch gestaltete.
Wir freuen uns sehr, einen Querschnitt seines künstlerischen Schaffens zeigen zu können. Alle Werke hier sind Leihgaben aus Privatbesitz und in der Form sicher nicht so schnell wieder in der Öffentlichkeit zu sehen.
Deshalb gleich am Anfang ein herzliches Dankeschön an alle Leihgeber, die großzügig Ihren „Wagner“ für diese Ausstellung zur Verfügung gestellt haben. Ohne Ihre Leihgaben wäre diese Schau nicht möglich gewesen. Ihre Bereitschaft zeigt uns, wie stolz Sie auf deren Besitz sind und ich kann Ihnen versichern, hier in den Räumen der Sparkasse Falkenstein sind Ihre Bilder sicher und gut aufgehoben Das verdanken wir Frau Adler der Leiterin der Geschäftsstelle und Ihrem Team. Ihnen allen ein großes Lob und Dank für Ihre großzügige Unterstützung, auch für das neue Galeriesystem welches neu angeschafft wurde, und heute zum ersten mal zur Anwendung kommt.
Wir sind stolz in Falkenstein, hier im Schloss wieder eine Galerie zu haben.
Die Initiative Falkart hat dadurch die Möglichkeit, dass künstlerische Erbe der Stadt Falkenstein aber auch junge und aktuelle Kunst in würdiger Form zu präsentieren.
Ein lang gehegter Wunsch geht heute in Erfüllung !
Eine Ausstellung mit Werken von Johannes Wagner war vom Atelier Blechschmidt schon vor Jahren im Alten Spital geplant – leider kam es aus organisatorischen, und Platzgründen nicht dazu.
In diesem Raum war ja früher schon mal eine Galerie und auch Johannes Wagner hatte hier bereits ausgestellt.
Johannes Wagner wurde in Falkenstein geboren.
Er malte als Kind leidenschaftlich gern und ging nach dem Tod der Mutter bereits mit 14 Jahren als Dekorateur und Gebrauchswerber beim jüdischen Kaufhauskonzern „Schocken“ nach Chemnitz in die Lehre. Dort konnte er sich künstlerische und handwerkliche Fähigkeiten aneignen, die ihm später, hauptsächlich nach dem Krieg sehr zu Nutzen kamen.
Nach seinem Arbeitsdienst in Preußen, Wehrdienst in Meißen und 6 Jahren Krieg, Gefangenschaft in Polen, Frankreich und Russland kehrte er 1945 in seine vogtländische Heimat nach Falkenstein zurück.
Endlich (mit 31 Jahren) konnte er sich seinen Wunsch erfüllen und freiberuflich als Künstler arbeiten. Anfänglich ein steiniger Weg.
Nach dem Krieg wurden wichtigere Dinge gebraucht als Bilder.
Um sich und seine Familie über Wasser zu halten, verdiente Johannes Wagner seinen Lebensunterhalt mit Schnitzen von Figuren, Leuchtern und Tellern. Ein Teller und ein geschnitzter Spruch sind erhalten und hier zu sehen.
Er heiratete 1940 und hatte 2 Kinder.
Tochter Frau Ingrid Größel und Sohn Ulrich Wagner sind heute hier.
Ich darf sie herzlich begrüßen und Ihnen ebenfalls an dieser Stelle für Ihre Unterstützung und Hilfe bei der Organisation dieser Ausstellung danken.
Trotz ständiger finanzieller Not, war Johannes Wagner von seiner Vision als Künstler sein Leben zu bestreiten überzeugt und arbeitete hart und unermüdlich. Er fertigte Werbeplakate für Geschäfte, Schaufensterdekorationen und Plakate für Kinos. Sie erinnern sich sicher noch an die riesengroßen handgemalten Plakate z.B. am Kino in Auerbach.
Alles hatte sich Johannes Wagner selbst angeeignet. Er war Autodidakt - um so bewundernswerter sein künstlerischer Wertegang.
Seine Entwicklung und die Unmenge an Studien, Skizzen und Bildern zeigen, mit welcher Hingabe, aber auch Bescheidenheit er seinen künstlerischen Weg ging.
Die Nachkriegsjahre: Materialmangel war an der Tagesordnung. Von Ölfarben oder Leinwänden ganz zu schweigen.
Ca. 100 Jahre vorher 1841 hatte John Rend (ein amerikanischen Porträt-Maler) ein Patent mit der Nummer 2252 angemeldet – ein Bleirohr welches unten breit geklopft war und oben einen Schraubverschluss besaß - die Erfindung der Farb-Tube.
In Tuben verpackt konnten Farben längere Zeit aufbewahrt werden - die Auswirkungen waren in vieler Hinsicht revolutionär:
Künstler konnten erstmals außerhalb ihrer Ateliers und damit direkt am Objekt, in der Landschaft arbeiten und waren nicht mehr auf Skizzen oder ihre bloße Erinnerung angewiesen. Die Firma Winsor & Newton stellte seine Öl-Farbenkollektion in Tuben und vorgefertigte Leinwände erstmals zur Weltausstellung 1851 in London vor. Die industrielle Fertigung von Ölfarben in Tuben ermöglichte die Freiluftmalerei.
So schrieb Renoir: „Die Farbtuben haben es uns ermöglicht, in freier Natur zu malen. Ohne sie hätte es weder einen Cézanne noch Monet, noch Sisley, noch Pissarro gegeben – also auch nicht den Impressionismus“.
Mit der Malerei des Impressionismus war der methodische, schichtweise Aufbau eines Gemäldes unwiderruflich in Frage gestellt.
Wieso erzähle ich ihnen das?
Ich glaube diese Begeisterung, die die Impressionisten für die neuen Farben und deren Anwendungsmöglichkeiten entdeckten, diese Begeisterung muss Johannes Wagner erfahren haben, als er, nach seinem Eintritt 1952 in den neu gegründeten Verband „Bildender Künstler Deutschlands“ endlich Ölfarbe erwerben konnte. Diese Begeisterung sieht man seinen Werken an.
Ich weiß selbst noch, dass es für Mitglieder des Künstlerverbandes einen Laden in Leipzig gab, wo hochwertigere Künstlerbedarfsartikel nur gegen Vorlage des Mitgliedsausweises gekauft werden konnten.
Auch Reisen nach Westdeutschland, Österreich und die Schweiz wurden möglich.
Und, ja es ist wahr, er fuhr mit dem Moped bis in die Schweiz. Es entstanden zahlreiche Skizzen die er dann in seinem kleinen Atelier in der Ellefelder Strasse meistens singend und zeitvergessend umsetzte.
Zwei dieser Alpen-Bilder sind hier zu sehen. Ein Großteil dieser Alpenlandschaften befindet sich in Baden-Württemberg.
Nach und nach entwickelte er seine typische pastose Malweise,
bei der Ölfarbe im zähflüssigen Zustand mit Spachtel oder Pinsel so dick aufgetragen wird, dass die Farben reliefartig auf dem Malgrund stehen. Also eine typische Malweise der Impressionisten. Van Gogh hat sogar teilweise die Farbtuben als Pinsel verwendet.
Nach dem Mauerbau... ( für Ihn als freier, selbstständiger Künstler ein Unding und wie er selbst sagte: nicht von Dauer)
...nach dem Mauerbau folgten Reisen nach Ungarn, CSSR und in die Sowjetunion.
Er begann sein künstlerisches Wissen an Kunstinteressierte weiterzugeben und war jahrzehntelang bis Ende der 70er Jahre Leiter von Malzirkeln in Betrieben und beim Kulturbund in Auerbach und Klingenthal.
In seiner Malerei ging es ihm immer um das Oberflächenlicht, nicht wie die frühere akademische Tiefenlichtmalerei, bei der das Licht durch mehrere Lasurschichten vom sehr weißen Malgrund reflektiert wird.
Er wollte nicht im Atelier seine Bilder nach Skizzen und aus dem Gedächtnis „konstruieren“ oder aufbauen. Er wollte vor Ort malen, und so entstanden seine Freilichtmalereien, Städteansichten und Weitraumlandschaften seiner geliebten vogtländischen Heimat.
Hier spüren wir seine Freude, die Begeisterung , den kräftigen, spontanen Pinsel oder Spachtelauftrag und das Ringen um Komposition. Oft greift er das gleiche Motiv auf, variiert in Aufbau, Stimmung und Farbkomposition. In der Ausstellung hängen z.B. mehrere Ansichten mit Blick vom Pavillon. Die Falkensteiner wissen wo das ist. Jedes dieser Bilder ist anders aufgebaut.
In den 60er und 70er Jahren kamen endlich immer mehr Anerkennung sowie private und gesellschaftliche Aufträge.
Es entstanden große Wandbilder, Mosaik- und Metallarbeiten in Kirchen, Schulen, Ferienheimen wie in Erlbach, im Kulturhaus Beerheide und der Sternwarte Rodewisch.
Wir kennen seine Steinmosaikarbeiten im Tiergarten Falkenstein und als Wegweiser zum Tiergarten hier vorm Schloss. Er schuf ein großes Steinmosaik in der damaligen Fachschule für Ökonomie in Rodewisch, eine Gedenktafel in der Lutherkirche in Ellefeld, eine Wandgestaltung in der Filztuch Rodewisch, ein Wandgemälde in der Kindergrippe Falkenstein H.-Heine Strasse und vieles mehr.
Einige werden sich an die grafischen Titelbild-Illustrationen der Evangelischen Gemeindebriefe Falkenstein erinnern.
Er war live auf den damaligen Großbaustellen mit seiner Staffelei dabei und malte z.B. den Bau der Talsperren Pöhl und Falkenstein (vor – während und nach dem Bau). So sind uns Ansichten des Göltzschtals vor dem Bau der Falkensteiner Talsperre erhalten geblieben. Ein Bild zeigt die Brücke über die Göltzsch, deren Reste wir erst kürzlich, als die Talsperre leer war, wieder sehen konnten.
Überhaupt gelangten immer mehr seiner Bilder in viele Wohnungen. Sein Schaufenster in der Schlossstraße werden noch viele in Erinnerung haben. Fotograf Hertling und er teilten sich 2 Schaufenster und sein Freund Hertling trug wesentlich zum Umsatz bei. Schließlich musste fast jeder Falkensteiner früher oder später mal zum Fotografen.
Ich selbst habe mir oft in den 60er Jahren seine kleinen Landschaften im Schaufenster angesehen – und mein Wunsch Kunstmaler zu werden, wurde nicht zuletzt auch dort vor diesem Fenster bestärkt.
Wagners Bilder haben mich immer fasziniert, es waren immer leise und kleine, oft nur 20x40 cm große/kleine Landschaften. Diese hatten so viel mehr Gefühl, Farb-Harmonie und Tiefe als die flachen Bilder, die uns in der Schule als Kunst propagiert wurden.
Die Größe spielt keine Rolle, dass habe ich damals schon verstanden. Mein großes Vorbild Jan van Eyck hat es in hervorragender Weise bewiesen.
Johannes Wagner konnte allerdings auch größer, das beweist sein Segelfliegerbild hinter mir. Wie habe ich dieses Bild gesucht !
Ich bin froh, das dieses Bild erhalten blieb und hier gezeigt werden kann.
Wir danken den Leihgebern vom Flugplatz, die glücklichen Besitzer des Bildes. Halten Sie es in Ehren – es ist eines der Hauptwerke des Künstlers!
Liebe Kunstfreunde,
eine Retrospektive der Kunst Johannes Wagners ist bei dem umfangreichem Werk schier unmöglich und deshalb zu hoch gegriffen – dessen mussten wir uns belehren lassen. In dieser Ausstellung können 64 Werke gezeigt werden.
Zahlreiche Werke befinden sich nicht nur in ganz Deutschland (schließlich war ein „Wagner“ ein besonderes Geschenk für die „West-Verwandschaft) sondern seine Werke befinden sich auch in Amerika und Australien.
Viele der o.g. Wandgestaltungen wurden wegrenoviert oder samt Gebäude zerstört.
Johannes Wagner starb nach kurzer, schwerer, für ihn unerträglich schmerzhafter Krankheit am 14.Juli 1980, mit 65 Jahren leider viel zu früh.
Hans Herold der damalige Direktor des Vogtländischen Kreismuseums in Plauen schrieb in seinem Nachwort - Ich zitiere:
„Als Künstlerpersönlichkeit und als wertvoller Charakter hinterlässt Johannes Wagner eine tiefempfundene, schmerzliche Lücke. Von seinem vielgestaltigen Lebenswerk, das abzurunden ihm leider nicht vergönnt war, wird in erster Linie die Fülle seiner Ölgemälde kommende Zeiten überdauern. Mit den Bildern seiner geliebten Heimat hat er sich selbst ein bleibendes Denkmal gesetzt.“ Zitatende.
Das Vogtlandmuseum in Plauen besitzt 3 Bilder von Johannes Wagner. Sie sind dort in der ständigen Vogländischen Kunstausstellung zu sehen.
Die Stadt Falkenstein besitzt im „falkart-Bestand 6 Bilder von ihm. Sie sind noch in dem Zustand, wie sie von falkart gesichert und katalogisiert wurden. Die Initiatoren von „falkart“ insbesondere Rainer Döhling und das Atelier Blechschmidt sind der festen Überzeugung: Falkenstein ist eine Kunststadt, eine Stadt mit kunstliebenden Menschen, die stolz auf ihr reiches kulturelles Erbe sind.
Sehr geehrte Leihgeber,
jedes Bild hier hat seine eigene, spannende Geschichte.
Erzählen Sie diese Ihren Kindern, Enkeln, Freunden und Bekannten. Besuchen Sie mit ihnen diese Ausstellung und wecken Sie so Lust auf Kunst. Nur so kann die Liebe zur Stadt Falkenstein, unserem Vogtland und dem gemeinsamen kulturellem Erbe gefördert und erhalten bleiben.
Unterstützen Sie die Initiative falkart.
Kunst ist nicht nur schön, sondern macht auch Arbeit.
Diese Ausstellung ist bis zum 18.September 2015 zu sehen –
Die Sparkasse und falkart wünscht Ihnen viel Freude mit den Bildern von Johannes Wagner.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.