m 19. April, kurz nach Vollendung seines 79. Lebensjahres, starb in Heidelberg Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. mult. Gotthard Schettler, emeritierter Lehrstuhlinhaber und Direktor der Medizinischen
Universitätsklinik Heidelberg (Ludolf-Krehl-Klinik).
In Falkenstein im Vogtland geboren und nach dem Medizinstudium in Leipzig, Wien und Tübingen war er zunächst Assistent im Institut von Erich Letterer in Tübingen. Mit seinem klinischen Lehrer
Prof. H. E. Bock ging er nach Marburg, und von dort wurde er nach kurzer Zeit als Chefarzt der Krankenanstalten Bad Cannstatt an die II. Medizinische Universitätsklinik der Freien Universität
nach Berlin berufen. 1963 folgte er nach Ablehnung der Rufe nach Mainz und Marburg dem Ruf auf den Lehrstuhl der Medizinischen Universitätsklinik nach Heidelberg. Hier hat er in der Tradition von
Ludolf Krehl und in der Nachfolge von Richard Siebeck und Karl Matthes sein modernes Konzept der Inneren Medizin entwickelt. Seine in Tübingen sowohl in der Pathologie als auch in der Biochemie
begonnenen Forschungen über die Beziehung von Blutfetten und Arteriosklerose verschafften ihm schnell internationale Reputation. Er wies bereits zu einer Zeit auf die Bedeutung des Cholesterins
für die Veränderung der Gefäßwand hin, als noch kaum ein Forscher diese Zusammenhänge ahnte. Seine Arbeiten, die in den ersten Jahren nicht ohne Widerspruch geblieben sind, haben die Entwicklung
der Atheroskleroseforschung bis zum heutigen Tage richtungweisend beeinflußt. Als akademischer Lehrer an der Universität in Heidelberg lag ihm die Ausbildung seiner Studenten besonders am Herzen.
Seine Lehrbücher der Inneren Medizin wurden Standardwerke. Der Berliner Kongreß für ärztliche Fortbildung geht auf ihn zurück und zeigte von 1962
bis 1990 seine Handschrift. Gotthard Schettlers Einladung zu solchen Fortbildungsveranstaltungen
folgten nationale und internationale Wissenschaftler von hohem Rang. Lange Jahre war Schettler auch Mitglied der medizinisch-wissenschaftlichen Redaktion des "Deutschen Ärzteblattes" in
Köln.
Das wissenschaftliche Werk Gotthard Schettlers und seine Person wurden durch zahlreiche Ehrungen ausgezeichnet. So war er Ehrendoktor der Universitäten München, Edinburgh, Padua, Montpellier, der
Freien Universität Berlin, der Semmelweis-Universität Budapest und der Universität Kingston/ Ontario, Kanada. Er war Träger zahlreicher Verdienst- und Ehrenmedaillen und Träger des Großen
Bundesverdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland mit Stern. Er war Träger der Paracelsus-Medaille. Wenige Tage vor seinem Tod wurde anläßlich der Eröffnung der 102. Tagung der Deutschen
Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden Gotthard Schettler die höchste Auszeichnung dieser Gesellschaft – die Gustav von Bergmann-Medaille in Gold – verliehen. Gotthard Schettler war einer
der großen Ärzte unserer Zeit, der durch sein Wirken entscheidend zum Ansehen der Inneren Medizin beigetragen hat. Er hat den wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland durch Knüpfung
internationaler Kontakte, insbesondere in die USA, gefördert. Studenten, ehemalige Mitarbeiter, die große Zahl seiner Schüler, seine vielen Freunde in nahezu allen Ländern der Welt und seine
Patienten trauern um diesen großen Arzt und Wissenschaftler. Ihnen allen wird Gotthard Schettler fehlen.
Heiner Greten, Hamburg